Die Gottessucherin by Prange Peter

Die Gottessucherin by Prange Peter

Autor:Prange, Peter [Prange, Peter]
Format: epub, mobi
Tags: Hist. Roman
ISBN: 3426197510
Herausgeber: TUX
veröffentlicht: 2010-05-06T22:00:00+00:00


2

»Ich bin so glücklich, Euch wohlbehalten wiederzusehen, Dona Gracia«, sagte Rabbi Soncino. »Und auch Euch, Dona Brianda. Wie lange ist das her, dass wir in Lissabon Abschied voneinander genommen haben?«

»Das müssen über zehn Jahre sein«, sagte Brianda, »wenn nicht mehr.«

»Nein«, erwiderte Gracia. »Genau neun. Reyna war schon sieben, als wir die Heimat verlassen mussten.« »Herrje, wie die Zeit vergeht«, seufzte Rabbi Soncino. »Alt und grau bin ich geworden. Nur Ihr habt Euch nicht verändert - keine einzige Falte, alle beide. Aber sagt, wie war die Reise? Wurdet Ihr überfallen?«

Vor wenigen Stunden erst waren die Schwestern mit ihrem Tross in Venedig angekommen, einschließlich Reyna und José - nachdem sie sich in Straßburg verpasst hatten, waren sie in der Augsburger Fuggerei endlich zusammengetroffen, rechtzeitig vor der Überquerung der Alpen. Während die Abendsonne sich bereits über die Lagune senkte, um die Stadt mit ihren Wasserstraßen in ein rotgoldenes Licht zu tauchen, hatte eine Gondel sie vom Festland zur Locanda della Luna gebracht, einem Gasthof, von dem aus in früheren Zeiten die Tempelritter zu ihren Kreuzzügen ins Morgenland aufgebrochen waren und der nur wenige Schritte vom Markusplatz entfernt lag. Offenbar hatte sich die Ankunft der Reisegesellschaft wie ein Lauffeuer in Venedig herumgesprochen, Rabbi Soncino hatte sie schon auf der Treppe des Gasthofs erwartet. Während José im Kontor der Firma nach dem Rechten sah und Reyna ihre Cousine La Chica zu Bett brachte, hatten sie sich nach Abendmahl und Gebet auf dem Balkon der Locanda zusammengesetzt, um ihr Wiedersehen zu feiern. »Zweimal hat man versucht, uns auszurauben«, erzählte Brianda, »einmal in Flandern und einmal im Elsass, als ich noch allein mit La Chica unterwegs war. Und in den Alpen mussten wir die Fuhrwerke zerlegen, damit Maulesel sie über die Pässe tragen konnten. Als wir auf der anderen Seite waren, hatte ich Angst, dass wir die Fuhrwerke nie wieder ...«

»Von der Reise können wir später erzählen«, fiel Gracia ihr ins Wort. »Sagt uns bitte eines, Rabbi Soncino: Habt Ihr Nachrichten aus Antwerpen?«

Bei der Frage verdüsterte sich das Gesicht ihres gelehrten Freundes.

»Es gibt Gerüchte, beunruhigende Gerüchte. Von Verfolgungen und Überfällen auf unsere Glaubensbrüder. Angeblich wurden Hunderte verhaftet. Sogar von Toten ist die Rede.« »Gott behüte!«

»>Ein Mensch muss Gott für das Böse wie für das Gute preisen<«, sagte Rabbi Soncino. »So steht es von den Weisen im Traktat Brachot geschrieben. Darum sollst du den Herrn, deinen Gott, lieben mit deinem ganzen Herzen, mit deiner ganzen Seele und mit ganzer Kraft.«

Gracia holte tief Luft. Man muss den Herrn auch für das Böse preisen ... Wie oft hatte Diogo diesen Spruch gesagt. War er ihm nun zum Schicksal geworden? Auf allen Stationen ihrer Reise hatte sie versucht, Nachrichten von ihm zu bekommen, aber die Auskünfte waren voller Widersprüche gewesen. Niemand wusste verlässlich zu berichten, was seit ihrem Aufbruch in Antwerpen geschehen war.

Auch Brianda war blass. Mit leiser, ängstlicher Stimme sprach sie die Frage aus, die Gracia nicht zu stellen wagte: »Und Dom Diogo - mein Mann?«

»Ich weiß es nicht«, erwiderte der Rabbiner. »Aber ich bin guten Mutes, dass er lebt. Er ist zu reich, als dass die Edomiter es wagen würden, Hand an ihn zu legen.



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